Trauercafé Prättigau

Trauercafé Prättigau

Donnerstag, 3. Oktober 2024, 9.15 Uhr, ref. Kirchgemeindehaus Schiers

Seit Juni gibt es jeweils am ersten Donnerstag im Monat das Trauercafé Prättigau. Dieses findet immer von 9.15 – 11.15 Uhr im reformierten Kirchgemeindehaus Schiers statt. Organisiert wird es von «Palliative.gr» in Zusammenarbeit der ref. Kirchenregion Prättigau und der kath. Pfarrei Vorder- und Mittelprättigau. Das Trauercafé ist ein offener und geschützter Ort sein, um zu reden, einander zuzuhören, zu trauern, aber auch um neue Impulse, Mut und Kraft zu schöpfen. Lars Gschwend sprach mit den beiden Trauerbegleiterinnen Katja Frey-Oppliger und Andrea Schena-Kurath über das neue Angebot.

Wie ist die Idee des Trauercafés entstanden, und was hat Sie motiviert beim Trauercafé mitzumachen?

Katja Frey-Oppliger: Vor sieben Jahren habe ich selbst meinen Ehemann verloren und habe seitdem immer wieder auf privater Basis Gespräche mit Trauernden geführt. Das hat mich dazu motiviert, eine Ausbildung als Trauerbegleiterin zu absolvieren. Es war ein grosser Wunsch von mir mit dem Gelernten und meiner persönlichen Erfahrung andere Menschen mit ähnlichen Verlusten zu begleiten und zu unterstützen. 

An verschiedenen Orten in der Schweiz gibt es bereits Trauercafés, die Trauernden helfen, ihren Verlust zu verarbeiten, so auch im Kanton Graubünden. Da es im Prättigau bis anhin noch kein Trauercafé gab, haben wir im Juni in Schiers mit diesem neuen Angebot gestartet. Es ist mir eine grosse Freude, dieses mit Andrea zusammen aufzubauen.

Welche Erfahrungen machen Sie persönlich bei der Begleitung von Trauernden? Was berührt Sie besonders?

Katja Frey-Oppliger: Es ist immer wieder schön und berührend zu sehen, wie sich die Trauernden während des Trauercafés uns und den anderen Teilnehmenden gegenüber öffnen, ihre Geschichte erzählen und Gefühle ausdrücken. Im Alltag ist es oft schwierig über dieses Thema zu reden, da man sich häufig nicht verstanden fühlt. Im Trauercafé, einem geschützten Ort, kann man sich offen mit anderen Betroffenen austauschen. Jeder Verlust und jede Geschichte ist einmalig. Ich versuche mich in die Menschen hineinzufühlen und ihnen zu helfen, ihren Verlust zu verstehen, zu akzeptieren sowie Strategien zur Bewältigung ihrer Trauer zu entwickeln. Wenn ich sehe, dass nach zwei Stunden Trauercafé jemand etwas positiver gestimmt und weniger bedrückt ist, berührt mich das besonders.

Wie läuft ein typisches Treffen im Trauercafé ab? Gibt es bestimmte Rituale oder Strukturen?

Katja Frey-Oppliger: Nach dem Eintreffen der Teilnehmenden und einer Begrüssung laden wir sie zu einem kurzen «Ankommen» ein.  Das kann zum Beispiel eine Meditation, eine Körper- oder Atemübung sein. Anschliessend gibt es eine Befindlichkeitsrunde, wo alle die Möglichkeit bekommen, zu erzählen, wie sie sich heute gerade fühlen oder was sie besonders beschäftigt. Für jedes Treffen bereiten wir ein neues Thema vor. Wir sind aber auch offen für Wünsche, die von den Teilnehmenden kommen. Häufig möchten sie sich einfach untereinander austauschen und über ihre Trauersituation reden. Natürlich darf auch der Kaffee oder Tee nicht fehlen. Es soll schliesslich ein gemütliches Treffen sein. 

Was erhoffen Sie sich für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, wenn sie ins Trauercafé kommen?

Katja Frey-Oppliger: Erstens wünsche ich mir, dass sich die Teilnehmenden im Trauercafé wohl und verstanden fühlen. Es soll wie eine kleine Auszeit in der von Verlust, Trauer, Chaos und Neubeginn geprägten Zeit sein. Zudem hoffe ich, dass sie durch den Austausch mit anderen Menschen, die ebenfalls einen Verlust betrauern, bei guten Gesprächen, Kaffee und Guetzli wieder Mut und Kraft für das Leben ohne den verlorenen Menschen schöpfen können.

Welche Themen oder Gefühle beschäftigen die Besucher am häufigsten? Gibt es wiederkehrende Anliegen oder Fragen?

Andrea Schena-Kurath: Das Gefühl der Einsamkeit, die Sehnsucht nach der verstorbenen Person und das Vermissen der gewohnten Lebensabläufe sind zentrale Themen. Oft stehen auch Fragen zum eigenen Verhalten und zu ungewohnten Reaktionen im Raum: Ist mein (Trauer-)Verhalten normal? Ist es normal, dass ich so viel weinen muss? Ist es normal, dass ich überhaupt nichts mehr auf die Reihe kriege? Ist es normal, dass ich wütend bin? Manchmal werden auch die Reaktionen von nahen Angehörigen als irritierend oder kränkend empfunden.

Wie reagieren Menschen, die zum ersten Mal kommen? Fällt es vielen schwer, sich zu öffnen, oder entsteht schnell Vertrauen?

Andrea Schena-Kurath: Es berührt mich immer wieder zu erfahren, wie rasch sich die Menschen öffnen und eine Ebene des Vertrauens entsteht.  Die Betroffenen schätzen es, in einen Raum einzutreten, der sich vom hektischen Alltag abhebt und in dem sie sich gesehen und gehört fühle. 

Was ist das Besondere daran, Trauer gemeinsam in einer Gruppe zu verarbeiten?

Andrea Schena-Kurath: Der Erfahrungsaustausch kann hilfreich sein. Ebenso trägt die Gruppe in schweren Situationen mit und kann ein Gefühl von Geborgenheit und Verstanden-werden vermitteln.

Welche Empfehlungen haben Sie für Menschen, die vielleicht zögern, das Trauercafé zu besuchen, weil sie sich unsicher oder überwältigt fühlen?

Andrea Schena-Kurath: Ein Besuch im Trauercafé ist unverbindlich. Wer nicht möchte, muss nichts sagen oder tun. Es besteht auch die Möglichkeit, einfach nur anwesend zu sein. Wir freuen uns über jede Begegnung. Manche Menschen kommen nur einmal, während andere über Jahre hinweg regelmässig teilnehmen.

Gibt es eine besondere Geschichte oder Begegnung aus dem Trauercafé, die Sie berührt hat und die Sie teilen möchten?

Andrea Schena-Kurath: Jede Verlustgeschichte ist besonders und einzigartig. Es ist sehr eindrücklich, Menschen in diesen schwierigen Lebensphasen zu begegnen. Immer wieder berührt es mich, dass ich das Vertrauen geschenkt bekomme, an ihrer ganz persönlichen Geschichte teilhaben zu dürfen. 

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Trauercafé Prättigau findet jeden ersten Donnerstag im Monat von 9.15 – 11.15 Uhr im reformierten Kirchgemeindehaus Schiers (Schuderserstrasse 17) statt. Das nächste Mal also am Donnerstag, 3. Oktober. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.